Nachbericht zur 28. Musikwoche Löwenstein

Musikwoche Löwenstein 2013 mit mehreren Erstaufführungen

Mehrere Erstaufführungen von Werken deutscher Komponisten aus Südosteuropa standen auf dem Programm des Abschlusskonzertes der Musikwoche Löwenstein am 6. April 2013 in der Stiftskirche Öhringen. Rund 150 Besucherinnen und Besucher erlebten eine beeindruckende und hoch konzentrierte Aufführung unter der Leitung von Erzsébet Windhager-Geréd und Gertraud Winter.

Träger der Veranstaltung war die Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa e.V. Gesungen und gespielt wurden vom Gesamtchor, Jugendchor und dem Orchester der 28. Löwensteiner Musikwoche Werke sowohl aus dem Banat als auch aus Siebenbürgen: von Hermann Klee, Rudolf Lassel, Joseph Benjamin Weiß, Hans Peter Türk und Johann Lukas Hedwig.

 

Erstmals in Deutschland zu hören war dabei einerseits ein Dictum (eine ausschließlich in Siebenbürgen anzutreffende Form der Kantate) des 1820 in Schäßburg tätigen Kantors Joseph Benjamin Weiß: ein schlichtes, doch gut und schlank ausgearbeitetes Werk für Chor, Soli, Streicher, Orgel und wenige Bläser. Herausgegeben wurde es erst vor kurzer Zeit im Schiller-Verlag Hermannstadt vom Kirchenmusiker Kurt Philippi.

 

Andererseits erlebte die groß angelegte Festkantate des "siebenbürgischen Haydn" Johann Lukas Hedwig (1802-1849) ihre deutsche Erstaufführung: eine Herausforderung für das gesamte Ensemble, die nicht zuletzt den Chor und in ihm die Männerstimmen zu Höchstleistungen anspornte. Die Festkantate war, wie viele andere Werke Hedwigs, vom Karlsruher Musikverleger Frieder Latzina herausgegeben worden und reihte sich ein in die umfangreiche Liste der Werke Hedwigs, die während der Musikwoche bereits aufgeführt worden sind.

 

Die Kantate entstand als Auftragswerk für die zweite Vollversammlung des "Vereins für Siebenbürgische Landeskunde". Deutlich abzuspüren ist dem Text die im frühen 19. Jahrhundert landläufige glühende Vaterlandsliebe. Einen wesentlichen und bestens ausgestalteten Part übernahmen die Solisten Johanna Boehme (Sopran), Hans Straub (Tenor) und Christoph Reich (Bariton).

 

Zum ersten Mal aufgeführt wurde (herausgegeben von Dr. Franz Metz im Verlag Edition Musik Südost, München) seit Lebzeiten ihres Komponisten auch die "Ballade" von Hermann Klee, der 1883 nahe Hamburg geboren wurde und 1909 zuerst nach Bistritz, später dann nach Klausenburg und Temeswar ging. Dort war er zuletzt Orchesterleiter der nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründeten Oper. Von Klee, dem Hanseaten, stammt auch die überaus populäre rumänische Oper "Făt frumos". Im Abschlusskonzert der Musikwoche Löwenstein beeindruckte die "Ballade", an sich ein frühes Werk, mit einer reizvollen, an Franz Liszt geschulten Tonsprache, die das Orchester in großer Geschlossenheit umsetzte.

 

Der Chor wiederum durfte auch in A-cappella-Sätzen von Hans Peter Türk und Rudolf Lassel glänzen - und wusste sich wie die Instrumentalisten in besten Händen bei Erzsébet Windhager-Geréd, die aus einer bekannten Musikerfamilie in Klausenburg stammt. Die Kantorin und Organistin der Evangelischen Stadtkirche Wien, die auch an der Klausenburger Universität unterrichtet, hatte erstmals die musikalische Leitung der Musikwoche Löwenstein übernommen und überzeugte bei der Probenarbeit wie auch im Konzert durch Konzentration, Ausstrahlung und höchstes Engagement. Konzentriert und frisch gelang auch der Auftritt des über 50-köpfigen Jugendchors unter der Leitung der Augsburger Gesangspädagogin Gertraud Winter.

 

Das Abschlusskonzert in der Stiftskirche Öhringen war freilich nur ein Teil der Musikwoche Löwenstein, an der vom 1. bis 7. April 2013 wieder über 120 Musikerinnen und Musiker aller Altersstufen, die meisten von ihnen Laien, teilnahmen: Im Verlaufe der nachösterlichen Woche, die wie immer in der idyllisch gelegenen Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein bei Heilbronn stattfand, wurde in unterschiedlichsten Formen und Arten Musik zu beinahe jeder Tages- und Nachtzeit gemacht - sei es beim "Talentschuppen", bei der internen "Hausmusik", bei einer "Matinee", oder auch einfach zur gegenseitigen Freude im gar nicht so stillen Kämmerlein.

 

Gäste der Musikwoche waren mit Maximilian Braisch, Cristian Avram und Gabriel Gramesc drei junge Musiker von der Musikhochschule in Klausenburg, die nicht nur das Orchester bereicherten, sondern bei einem Recital ihr bereits großes Können präsentierten. In Ergänzung dazu berichtete der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa, Dr. Franz Metz, interessante Neuigkeiten über die Banater Komponisten Joseph Müller und Hermann Klee.

 

Den erstmals verliehenen Wolfgang-Meschendörfer-Nachwuchsförderpreis in Höhe von 300 Euro für besondere Verdienste um die Musikwoche Löwenstein erhielt die 14-jährige Augsburger Geigerin Amelie Wallner. Sie ist seit mehreren Jahren Teilnehmerin der Musikwoche und in diesem Jahr auch des Bundeswettbewerbs Jugend musiziert. Der Preis wurde im Andenken an den 2012 verstorbenen früheren Leiter der Musikwoche, Wolfgang Meschendörfer, verliehen.

 

Dozentinnen und Dozenten der Musikwoche waren - zur professionellen Anleitung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer - Erzsébet Windhager-Geréd (musikalische Gesamtleitung), Gertraud Winter (Jugendchor und musikalische Früherziehung), Christian Turck (Orchesterleitung und Klavierbegleitung), Silke Marchfeld (Solo- und Ensemblegesang), Harald Christian (Konzertmeister / Violine), Christa Gross-Depner (Viola, Kammermusik), Jörg Meschendörfer (Cello), Bärbel Tirler (Holzbläser), Oliver Christian (Blechbläser), Liane Christian (Klavierbegleitung, Kammermusik) sowie Johannes Killyen (Organisation) und Bettina Wallbrecht (Organisation, Tanz).

 

Möglich wurde die Musikwoche als einzigartiges Generationen übergreifendes Projekt nicht zuletzt durch die finanzielle Unterstützung des Innenministeriums Baden-Württemberg, der Kulturreferentin für Südosteuropa im Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm, der HOG Kronstadt, der HD Hermannstadt sowie der Nachbarschaft Zeiden.

 

Johannes Killyen