
Großer Erfolg, große Herausforderungen
150 Teilnehmende und ein Abschlusskonzert mit 350 Besucherinnen und Besuchern: Ein Jahr vor ihrem 40. Jubiläum hat die Musikwoche Löwenstein vom 21. bis 27. April wieder mit riesigem Erfolg stattgefunden. Dennoch und trotz erheblicher Unterstützung durch Förderer steht die nächste Auflage vor gewaltigen finanziellen Herausforderungen, die erst noch bewältigt werden müssen.
Höhepunkt der 1985 gegründeten Musikwoche war am 26. April wieder das Abschlusskonzert in der Heilbronner Kilianskirche. Getragen wird die Woche von der Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa (GDMSE), deren Vereinszweck die Erforschung und Pflege von Musik deutscher Komponisten in Südosteuropa ist. Dementsprechend erklangen hier Werke von Banater und siebenbürgischen Komponisten, etwa von Altmeister Prof. Heinz Acker, der persönlich zum Konzert gekommen war und der Musikwoche lange verbunden ist.
Den Anfang machte der von Markus Piringer, Kantor in Mühlacker, geleitete Jugendchor der Musikwoche mit über 40 Kindern und Jugendlichen, die glockenrein und mit hellem Klang Kompositionen von Ladislav Moravec, Franz Biebl, Ernst Irtel und Michael Zikeli sangen. Deutlich wurde hier, dass der Zuspruch gerade von jungen Musikerinnen und Musikern ungebrochen ist. Die Musikwoche Löwenstein ist ein Renner bei allen Generationen.
Die folgenden Werke hielten sehr unterschiedliche Stimmungen und Emotionen bereit: Dramatisch und doch bald ausgelassen musizierte das Orchester der Musikwoche die Ouvertüre von Johann Strauß Sohn zur Oper „Der ‚Zigeuner‘baron“ und die Suite „Rumänien in Lied und Tanz“ des Banater Komponisten Otto Sykora (1873-1945). Von letzterer hatte der musikalische Leiter der Musikwoche, Dr. Andreas Schein, die Orchesterstimmen im Altpapier der Temeswarer Philharmonie entdeckt. Und erstellte in mühsamer Kleinarbeit eine Partitur, die zur Aufführung in Heilbronn ein reizvolles Potpourri offenbarte.
Andreas Schein, Jahrgang 1997, ist trotz seiner Jugend bereits ein erfahrener Orchester- und Operndirigent und seit kurzem Generalmusikdirektor der Oper in Galaţi. Gemeinsam mit Dr. Franz Metz, Musikwissenschaftler, Kirchenmusiker und Vorsitzender der GDMSE, hat Schein auch die Missa solemnis des Banater Komponisten Franz Hübl (um 1790-1850) herausgegeben, die zum Abschluss des Konzertes in der Kilianskirche erklang.
Hübls sakrales Werk basiert auf der Musik der Oper „Joseph und seine Brüder“ von Étienne Nicolas Méhul, ist u. a. dem Stil Beethovens verpflichtet und verbindet gelungen opernhafte Dramatik mit geistlichem Inhalt. Hier kam nun der gut besetzte und klangkräftige Gesamtchor der Musikwoche zur Geltung, der gemeinsam mit einem groß und vor allem von jugendlichen Spielerinnen und Spielern besetzten Orchester eine großartige Leistung vollbrachte. Mit Agnes Dasch (Sopran), Bettina Ullrich (Alt), Hans Straub (Tenor) und Johannes Dasch (Bariton) waren auch die vier hervorragenden Solisten Teil der Musikwoche.
Ein besonderer Kontrapunkt im Abschlusskonzert war ein Requiem von Prof. Heinz Acker (geb. 1942), der mit unermüdlicher Schaffenskraft in den letzten Jahren das große Oratorium „Hexenszenen“ komponiert hat. Es thematisiert die Gräuel der Hexenverfolgung auch in Siebenbürgen und wurde 2024 in Hermannstadt uraufgeführt. Das von den Ensembles der Musikwoche in Heilbronn uraufgeführte Requiem ergänzt den niederschmetternden Schluss der „Hexenszenen“ um eine Musik der Versöhnung und des Trostes: ein höchst ergreifendes Werk, das von Andrea Kulin, gebürtige Kronstädterin, Kirchenmusikerin in Bissingen/Enz und Leiterin der Siebenbürgischen Kantorei, dirigiert wurde. Solisten waren wiederum Agnes Dasch (Sopran) und Johannes Dasch (Bariton).
Musikwoche Löwenstein – das war und ist freilich viel mehr als ein großes, gelungenes Abschlusskonzert, dessen Erlös diesmal zur Hälfte dem Orgelprojekt der Kilianskirche Heilbronn zugutekam. Wir sind der Gemeinde überaus dankbar für die Möglichkeit, hier jährlich zu konzertieren. Sie ist als Konzertort ideal und nicht zu ersetzen. Zur Musikwoche gehören ebenso die Vorbereitung auf das Konzert und mannigfaltiges kammermusikalisches Musizieren von früh bis spät in der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein, idyllisch mitten in den Weinbergen nahe Heilbronn gelegen.
Unter Leitung von erfahrenen Dozentinnen und Dozenten wurde gespielt und gesungen, bis die Lippen, Finger, Stimmbänder und Saiten glühten. Das große Dozententeam ist ein wesentlicher Garant für das Gelingen und die Qualität der Musikwoche. Es bestand – neben den Dirigenten - diesmal aus Ilarie Dinu (hohe Streicher, Konzertmeister), Jörg Meschendörfer (tiefe Streicher, Salonorchester), Brigitte Schnabel (Kammermusik), Michèle Becker (Holzbläser), Matthias Nassauer (Blechbläser), Agnes Dasch (Ensemblegesang), Liane Christian (Klavierkammermusik und Korrepetition) und Christian Turck (Korrepetition). Die Organisation lag in den Händen von Bettina Meltzer und Johannes Killyen.
Besondere Erwähnung verdient das umfangreiche Angebot für die zahlreichen Kinder, die am vorletzten Tag mit einem Musical einen eigenen Höhepunkt setzten. Die Leitung hatten Dorothea von Kietzell, Gerlinde Knopp und Ingrid Schorscher. Ebenso zu erwähnen sind mehrere Ensembleprojekte, etwa ein Streicherprojekt mit Filmmusik und Sologesang, eine Vokalgruppe und das Salonorchester.
Während der Musikwoche fand auch die Mitgliederversammlung der GDMSE statt. Franz Metz wurde bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen als Vereinsvorsitzender bestätigt. Stellvertreter sind Johannes Killyen und Angelika Meltzer, Kassenwartin ist wieder Bettina Meltzer und Andrea Kulin bleibt Schriftführerin. Bei der Versammlung und während der Musikwoche wurde über deren Zukunft beraten, die große Herausforderungen bereithält: Nach jahrelang verhältnismäßig günstigen Preisen in der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein (ETL), für die die Organisatoren der Musikwoche den Trägerdekanaten und der ETL dankbar sind, werden die Gesamtkosten im Jahr 2026 deutlich steigen. Die Organisation wird zudem künftig ein Team unter Leitung von Bettina Meltzer übernehmen. Der bisherige Co-Organisator Johannes Killyen bleibt der Musikwoche eng verbunden, zieht sich nach 20 Jahren jedoch aus beruflichen Gründen aus der Organisation zurück.
Angesichts der finanziellen Herausforderungen bittet die Musikwoche schon jetzt um Spenden, um dieses einmalige, länderübergreifende Musikprojekt auch weiterhin und für die nächsten Generationen aufrecht zu erhalten.
Spendenkonto:
Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa e. V.
IBAN DE33 6535 1260 0025 0781 27
BIC SOLADES1BAL (Sparkasse Zollernalb)
Unterstützt wurde die diesjährige Auflage vom Innenministerium Baden-Württemberg, dem Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit, Familie und Soziales), dem Kulturreferat für Siebenbürgen (Bundesministerium für Kultur und Medien), der Heimatgemeinschaft der Kronstädter in Deutschland und der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt.
Johannes Killyen