Carl Filtsch (1830-1845)

Carl Filtsch erhielt seit seinem dritten Lebensjahr Klavierunterricht vom Vater und genoss bald den Ruf eines Wunderkindes. Im April 1837 trat er vor dem siebenbürgischen Landtag in Hermannstadt auf. 1837 kam er zur weiteren Ausbildung nach Wien (Fr. Wieck, A. Mittag, S. Sechter). Bei Hofe eingeführt, wurde er Musizier- und Spielgefährte des gleichaltrigen späteren Kaisers Franz Joseph. Es folgte Filtschs kurze, außergewöhnlich glanzvolle, aber auch aufreibende künstlerische Laufbahn als konzertierender Pianist. Nach seinem Debüt am 7. Februar 1841 im Wiener Musikvereinssaal, bei dem man schon den "hohen Grad von Vollkommenheit" und seine "Kunstfertigkeit in Ton, Vortrag, Ausdruck, Kraft und Schattierung" (M. G. Saphir) bewunderte, wurde er zu einer Hof-Soiree geladen. Dann unternahm er eine Konzertreise (Juni bis September 1841): Es wird von triumphalen Erfolgen in Budapest, Klausenburg, Kronstadt, Hermannstadt, Broos und Mühlbach berichtet.

 

Nachdem er in Wien noch einmal bei Metternich gespielt hatte, reiste er am 20. November 1842 nach Paris; im Dezember wurde Filtsch Schüler Chopins. Von Franz Liszt, mit dem Filtsch schon in Wien zusammen getroffen war und der ihn eine zeitlang in Vertretung von Chopin unterrichtete, ist der Ausspruch überliefert: "Wenn dieser Kleine reisen wird, kann ich meine Bude schließen." Chopin selbst zeigte sich vom Können und vom Spiel des Knaben überwältigt. Er sagte ihm eine die Leistungen Liszts übertreffende Zukunft voraus. Gerühmt wurden auch Filtschs einzigartige musikalische Gedächtnisleistungen. Es begann eine Zeit ungezählter Konzerte und Soireen in den Ton angebenden aristokratischen Salons von Paris. 1843 machte er die Bekanntschaft G. Meyerbeers, der ihn "eine große musikalische Zukunft" nannte und über seine Interpretation der "schwersten und delikatesten Kompositionen" schrieb, sie ließen "nichts zu wünschen übrig".

 

Im April 1843 fand Filtschs erstes Pariser öffentliches Konzert im Saal des Konservatoriums statt, wo er stürmisch gefeiert wurde. Im Sommer 1842 trat er in Brüssel, im Mai und Juni 1843 hauptsächlich mit Werken von Chopin und Liszt, in London in mehreren Konzerten und am königlichen Hof auf. Auch in London bezeichnete man ihn als "eine der wunderbarsten Erscheinungen, welche die Geschichte der Kunst aufzählen kann" (Musical World). Nach Auftritten in Wiesbaden und Baden-Baden gab Filtsch noch im selben Jahr und zu Beginn 1844 einige Konzerte in Wien, darunter abermals vor dem Kaiserpaar und im Musikverein. Geplante Tourneen nach St. Petersburg, Prag, Dresden, Leipzig, Berlin, Zürich und Neapel mussten abgesagt werden: Eine bedenkliche Lungenkrankheit hatte sich eingestellt, die Ärzte verordneten Seebäder in Venedig. Nach scheinbarer Besserung und einem letzten Aufenthalt in Siebenbürgen (Sommer 1844) und in Wien (September 1844) kehrte Filtsch im Oktober nach Venedig zurück. Dort erlag er seinem nun schnell fortschreitenden Tuberkuloseleiden. Auf dem Friedhof Santo Christofero setzte man ihm ein Grabmahl in Marmor; es befindet sich heute auf dem venezianischen Friedhof San Michele.

 

Filtsch begann schon früh am Klavier zu improvisieren. In Konzerten spielte er auch eigene Kompositionen. 1843 wurden Klavierstücke von ihm in London veröffentlicht. Während seines Aufenthaltes in Baden-Baden vollendete er ein Klavierkonzert, das jedoch als verloren gilt. Gegenwärtig sind nur acht Kompositionen von Filtsch bekannt. Über den eigentümlichen Charakter seiner Improvisationen wurde in der Presse berichtet. Es wurde bescheinigt, er habe "in seiner musikalischen Grundwesenheit...noch einen höheren Beruf, ein musikalischer Schöpfer zu werden". Die bisher bekannt gewordenen Kompositionen Filtschs lehnen sich an Schubert und Chopin an, sie sind tonartlich meist dunkel gefärbt und von auffallendem Ernst und bemerkenswerter Intensität im Ausdruck.

 

Karl Teutsch

 

Literatur:

Karl Teutsch: Artikel Filtsch, in: Lexikon der Siebenbürger Sachsen, Thaur bei Innsbruck 1993, S. 125f.

 

Peter Szaunig: Carl Filtsch, in: Beiträge zur Musikgeschichte der Siebenbürger Sachsen II = Musikgeschichtliche Studien 4b, hrsg. von Karl Teutsch, Gehann-Musik-Verlag, Kludenbach 1999, S. 70-81.